Multi-Millionen-Umsatz mit digitalen Gutscheinbüchern und aggressiver Skalierung? Wie NeoTaste den Branchen-Takt vorgibt

Immer wieder in dieselben Restaurants gehen, statt Neues zu entdecken? Langweilig! Das dachten sich auch die NeoTaste-Founder Tobias Düser und Hendrik Sander. Das Osnabrücker Start-up zeigt den klassischen Gutscheinbüchern, wie es besser geht, und entwickelte eine App, mit der Nutzer:innen durch Gutschein-Deals Restaurants und Cafés in bisher sieben Städten in ganz Deutschland entdecken können. Die aktuell über 250 teilnehmenden Gastronom:innen werden von NeoTaste bei der Akquise von Neukund:innen und der Optimierung ihrer Auslastung unterstützt, für sie ist die Nutzung der Plattform kostenlos. Perspektivisch möchte das Unternehmen aber auch Sparten abseits der Kulinarik bedienen.

Im Podcast mit Schahab Hosseiny berichtet Hendrik, Co-Founder und CEO von NeoTaste, von seinem Werdegang, der Entstehung und der Marketing-Strategie von NeoTaste und wie sich die Plattform von anderen Unternehmen wie Groupon abgrenzt. Ausserdem verrät er, welche Investitionen NeoTaste bereits erhalten hat und in der Zukunft erwartet und welche Vision er für das Unternehmen hat.

Idee und Anfänge: So entstand NeoTaste

Schahab Hosseiny: Hendrik, schön, dass du hier bei der OMKB bist. Erzähl uns bitte kurz, wer du bist und was du machst.

Hendrik Sander: Ich bin Hendrik, bin kürzlich 30 geworden, habe Wirtschaftswissenschaften studiert und schon während des Studiums zum ersten Mal ein Unternehmen gegründet. Als Amazon seine Tore für externe Verkäufer:innen geöffnet hat, waren wir relativ früh mit einem Shop für Smartphone-Zubehör namens CannyBusiness dabei. Das heisst, ich habe erst neben dem Studium und dann in Vollzeit über sechs Jahre ein E-Commerce-Unternehmen aufgebaut, das ich anschliessend verkauft habe. Und danach habe ich NeoTaste gegründet.

Schahab Hosseiny: Cool, du hast also sechs Jahre lang aktiv auf Amazon verkauft.

Hendrik Sander: Genau. Während dieser Zeit hatten wir etwas mehr als 300.000 Kund:innen in 130 Ländern, sind also relativ gross geworden. Als die Idee zu NeoTaste geboren wurde, habe ich kurz überlegt, ob ich noch bei CannyBusiness weitermachen kann. Ich fokussiere mich aber gerne auf nur eine Sache, also habe ich die Firma verkauft. Das hat einige Monate gedauert, anschliessend bin ich im Jahr 2019 voll mit NeoTaste eingestiegen.

Schahab Hosseiny: Dazu fällt mir das Stichwort Management Attention ein. Hattest du im Amazon-Business eine eigene Brand oder hast du nur distribuiert?

Hendrik Sander: Wir hatten später auch eine eigene Brand, aber in diesem Bereich ist No-Name beinahe umsatzstärker, weil niemand für den Markennamen zahlen möchte. Einige Player am Markt haben es geschafft, die Marge mit einer Brand noch zu steigern. Wir haben uns aber auf den Massenmarkt konzentriert und da geht es primär darum, wer die besten Abläufe und die beste Distribution hat und dadurch möglichst günstig einkaufen und teuer verkaufen kann.

Schahab Hosseiny: Bist du rückblickend betrachtet zufrieden mit deinem Ausstieg?

Hendrik Sander: Ja, wir hätten vielleicht noch warten können, bis SELLERX auf den Markt gekommen ist. Aber für ein erstes Business war das eine tolle Lernerfahrung, weil wir das komplett aus dem Cashflow aufgebaut haben. Ich konnte so auch erkennen, wo im Wachstum die Unterschiede zu einem Start-up liegen, das durch etwas mehr Kapital etwas aufbauen muss, dann später aber besser skalieren kann.

“Ich halte es auch für ein gutes Learning, so etwas aus eigener Tasche aufgebaut zu haben, um wirklich schätzen zu können, wenn Investor:innen in der eigenen Firma einsteigen.”

Schahab Hosseiny: Chapeau. Wie ist denn die Idee zu NeoTaste entstanden und wie hast du daraus das Unternehmen entwickelt?

Hendrik Sander: Die Idee zu NeoTaste ist durch ein Gespräch mit einem Freund entstanden, der selbst Gastronom ist. Er hatte damals schon eine orderbird-Kasse, in der man genau verfolgen kann, woher welche Umsätze kommen. Wir haben uns gemeinsam seine Zahlen angeschaut und mir ist ein sehr langer, schwarzer Balken aufgefallen. Er hat mir dann erklärt, dass er sich durch die klassischen Gutscheinbücher einen einigermassen grossen Kund:innenstamm aufgebaut hat. Darüber war ich anfangs verwundert, weil ich nicht verstanden habe, wer solche Bücher mitnimmt und damit essen geht. Ich habe mir aber viele Gedanken dazu gemacht, weil mich das Modell interessiert hat. 

Im Grunde funktioniert das klassische Modell so, dass man sich am Anfang des Jahres ein Gutscheinbuch kauft, das verschiedene Angebote – etwa bei Restaurants – enthält, die man jeweils einmal im Jahr nutzen kann. Und genau dasselbe machen wir auch im E-Commerce; wir teilen online regelmässig Rabatte an Neukund:innen aus. Das fand ich also ein smartes Modell, habe mich aber gefragt, warum das immer noch in der Form des Prints passiert und nicht digital. Also dachte ich mir, es könnte spannend sein, dieses Modell zu digitalisieren. 

Im nächsten Schritt habe ich mir einen Überblick über den Markt verschafft und herausgefunden, dass damals etwas mehr als fünf Millionen Gutscheinbücher im Jahr in Deutschland verkauft wurden. Daraus ist schnell die Idee entstanden, eine ganze Plattform rund um diesen Markt zu bauen und damit haben wir im Jahr 2019 angefangen. Heute haben wir weiterhin verschiedene Angebote auf der Plattform, für die die Nutzer:innen später bezahlen, aber mittlerweile bauen wir drumherum eine grössere Plattform.

Schahab Hosseiny: NeoTaste konzentriert sich aktuell auf den kulinarischen Genuss. Wenn du über diese fünf Millionen gedruckten Gutscheinbücher sprichst, tangiert das aber auch andere Branchen. War für dich trotzdem von Anfang an klar, dass du mit dem Thema Gastronomie durchstarten möchtest?

Hendrik Sander: Auf jeden Fall, weil man mit diesem Thema nämlich einen Grossteil der Leute ansprechen kann. Ausserdem haben wir bei den Gastronom:innen den Bedarf nach mehr Digitalisierung gesehen, insbesondere in der Akquise von Neukund:innen. Relativ schnell haben wir herausgefunden, dass über die Hälfte der Gastronom:innen bisher gar keine Akquise betreibt – die profitieren entweder von einer guten Lage oder vielen Stammkund:innen. 

Deswegen machen wir den Gastronom:innen ein digitales und flexibel einsetzbares Angebot. Sie können entscheiden, wann sie ihre Angebote zur Verfügung stellen wollen und dies an ihre Kapazitäten und ihre Auslastung anpassen. Weil das so ein guter Einstieg in den Markt war, haben wir uns inzwischen auf die Gastronomie spezialisiert und betreiben einerseits Neukund:innenakquise für Restaurants und helfen unseren Nutzer:innen andererseits beim Entdecken kulinarischer Highlights in ihrer Stadt.

NeoTaste = Groupon?

Schahab Hosseiny: Seid ihr Groupon im neuen Gewand?

Hendrik Sander: Das ist meist die erste Frage, die mir gestellt wird und die finde ich auch berechtigt. Meiner Meinung nach sollte man immer das gesamte Modell mit all seinen Details im Blick haben.

“Ein Unterschied zwischen uns und Groupon besteht darin, dass wir die Gastronom:innen nicht monetarisieren.”

Wenn Gastronom:innen Angebote auf Groupon veröffentlichen, müssen sie dafür eine Servicegebühr bezahlen, die das Angebot schnell unrentabel macht. Man kann ausserdem nicht vermeiden, dass Nutzer:innen mehrere dieser Angebote auf Groupon kaufen und sie jeden Tag einlösen. 

Bei NeoTaste zahlen Gastronom:innen dagegen nichts für das Veröffentlichen eines Angebots, wir garantieren ihnen, dass die Nutzer:innen nur jeweils einmal im Jahr oder einmal in 180 Tagen einen Gutschein einlösen können und sie können darüber hinaus den Einlösezeitraum begrenzen. Wenn ein:e Gastronom:in etwa an einem Freitag oder Samstag ohnehin voll ausgelastet ist, kann dieser Zeitraum von dem Gutschein ausgeschlossen werden. Auf diese Weise bringen wir den Gastronom:innen neue Kund:innen genau in den Zeiten, zu denen sie nicht ohnehin ausgebucht sind.

Schahab Hosseiny: Lass uns über eure App sprechen. Kannst du uns etwas zu euren Zahlen, Daten und Fakten verraten? Wie viele Nutzer:innen habt ihr mittlerweile und wie viele Restaurants nutzen eure Plattform?

Hendrik Sander: Offiziell haben wir im September 2021 angefangen, sind mittlerweile in sechs (Anmerkung der Redaktion: inzwischen sieben) Städten aktiv, haben über 500 Gastronom:innen und 40.000 Nutzer:innen auf unserer Plattform.

Schahab Hosseiny: Wenn ihr schon in sechs (Anmerkung der Redaktion: inzwischen sieben) Städten unterwegs seid, habt ihr sicherlich einen intensiven Onboarding-Prozess in den jeweiligen Städten. Wie funktioniert das in Bezug auf die Personalkapazitäten?

Hendrik Sander: In den Städten sitzen unsere Partner-Manager, die die Gastronom:innen fragen, ob sie Teil von NeoTaste sein möchten und sie gegebenenfalls davon überzeugen, dass sich das für sie lohnen könnte. Im Backend haben wir zusätzlich Leute für den Vertrieb, die das anschliessende Onboarding abbilden.

“Im Laufe der Zeit haben wir gemerkt, was für ein persönliches Thema die Gastronomie ist und dass Gastronom:innen grossen Wert auf persönliche Ansprechpartner:innen legen.”

Inzwischen merken wir, dass die Abwanderungsquote extrem gering ist, wenn wir jemanden für uns gewonnen haben, weil wir so eine grosse Flexibilität bieten. Dementsprechend ist es relativ teuer für uns, neue Partner:innen zu gewinnen, aber sobald sie dabei sind, haben wir eine feste Basis, auf der wir dann aufbauen können.

Schahab Hosseiny: Ihr habt also sehr loyale Kund:innen, eine geringe Abwanderungsquote und das wird sich bestimmt im Nachhinein gut monetarisieren. Habt ihr euch schon überlegt, wie ihr euer Geschäftsmodell skalieren könnt? Du hast gerade gesagt, dass man vor Ort sein muss, weil die Gastronomie noch nicht so digital ist. Plant ihr eure Plattform dennoch so, dass ihr einen globalen Rollout auch ohne Städte-Manager durchführen könnt?

Hendrik Sander: Definitiv. Wir haben das kürzlich in Essen ausprobiert, dort haben wir zwei Sales-Männer aus einer anderen Stadt mit dem Onboarding betreut, damit es etwas schneller geht. In Köln sind wir aktuell mit fünf Leuten unterwegs, wir haben unser Kontingent also etwas erhöht und nach einem Monat haben wir etwa 70 Partner:innen gewonnen. Dementsprechend lassen sich die Taskforces gut skalieren, sind aber dennoch kapitalintensiv.

Schahab Hosseiny: Absolut. Kannst du uns etwas zu der Loyalitätsquote, Buchungsquote und Nutzungsintensität eurer Nutzer:innen erzählen?

Hendrik Sander: Bisher wurden über 25.000 Angebote bei uns eingelöst und es müssten über 80.000 Leute mit NeoTaste unterwegs gewesen sein – so genau kann man das nicht wissen. Wir sehen aber, dass zwei Drittel der Leute weitere Angebote einlösen, wenn sie einmal damit angefangen haben. Dementsprechend ist unsere Loyalitätsquote ziemlich gut.

Die Hands-off-Marketing-Strategie von NeoTaste 

Schahab Hosseiny: Über welche Marketing-Channels, Instrumente oder Mechanismen versucht ihr die Loyalität eurer Nutzer:innen aufrechtzuerhalten? Im App-Segment werdet ihr Push nutzen, aber euer Marketing-Mix beinhaltet bestimmt noch mehr.

Hendrik Sander: Wenn wir versuchen, die Leute initial von uns zu überzeugen, fokussieren wir uns stark auf Launch Events in den jeweiligen Städten, mit denen wir eine initiale Nutzer:innenbasis von 4.000 bis 5.000 Leuten schaffen. Danach ist Word of Mouth ein grosses Thema bei uns.

Viele Angebote sind 2für1-Angebote, man kann also zwei Hauptgerichte bestellen, bezahlt nur eins davon und dafür lohnt es sich meist, eine andere Person einzuladen. In den ersten zwei Monaten des Jahres 2022 haben wir gar kein Marketing geschaltet, einerseits wegen der Pandemie und andererseits, weil wir uns auf das Hiring konzentriert haben. Selbst in diesen Monaten hatten wir über 15 Prozent User Growth, das nur vom Word of Mouth gekommen sein kann.

Schahab Hosseiny: Was sind eure Pläne für die nähere Zukunft? Ich habe gesehen, dass ihr bei TikTok aktiv seid und auch einen TikTok-Manager sucht. Gibt es für euch weitere relevante Kanäle?

Hendrik Sander:

“Aktuell sind Instagram und Facebook die relevantesten Kanäle für uns, insbesondere weil dort das Städte- oder regionales Targeting am besten funktioniert.”

In letzter Zeit haben wir aber auch viele davon unabhängige Aktionen gestartet. Wir haben unter anderem das gesamte Stadion vom VfL Osnabrück mit NeoTaste-Vouchern für 30 Tage ausgelegt – solche regionalen Massnahmen funktionieren ziemlich gut. Bei TikTok sehen wir aber auch grosses Potenzial, speziell vor dem Hintergrund Food.

Schahab Hosseiny: Du hast eben Offline-Marketing-Massnahmen wie beim VfL Osnabrück angesprochen. Wie sind generell deine Erfahrungen mit Out of Home oder Print?

Hendrik Sander: Das waren jetzt unsere ersten Massnahmen und die sind für uns ziemlich gut ausgefallen. So viele Erfahrungen haben wir aber noch nicht sammeln können, weil wir uns primär auf digital konzentriert haben. Gerade in der jetzigen Phase konzentrieren wir uns auf altbewährte und skalierbare Kanäle und probieren stichprobenweise nebenbei was aus. Aber der Fokus liegt weiterhin auf Instagram und Facebook, weil das aktuell ausgezeichnet für uns funktioniert.

NeoTaste und //CRASH – das Dream-Team aus dem Oldenburger Land

Schahab Hosseiny: NeoTaste finanziert sich nicht von allein, denn inzwischen seid ihr nicht mehr gebootstrapped, sondern ihr habt eine Finanzierungsrunde absolviert. Kannst du uns etwas dazu erzählen?

Hendrik Sander: Bei NeoTaste ist alles etwas anders als bei der ersten Firma, die ich aufgebaut habe. Gerade, wenn man eine App programmiert, muss man anfangs relativ viel Geld in dieses Modell reinstecken.

“Bis Ende 2021 haben wir uns selbst finanziert, konnten zu diesem Zeitpunkt bereits gute Zahlen vorzeigen und haben dann mit der //CRASH Unternehmensgruppe aus der Nähe von Oldenburg unsere erste Investorin an Bord geholt.”

Die haben CleverReach – gewissermassen das deutsche Mailchimp – aufgebaut, sind seit 20 Jahren im Software-Business unterwegs und haben eine dementsprechend grosse Expertise in diesem Bereich und im Bereich Subscription Models. Deswegen ist die eine gute Partnerin für uns, mit der wir weiterhin sehr zufrieden sind.

Schahab Hosseiny: Warum habt ihr euch gegen Venture-Capital (VC) entschieden?

Hendrik Sander: Wir hatten noch andere Angebote, haben uns aber dennoch für //CRASH entschieden. Diese Entscheidung haben wir einerseits getroffen, weil sie uns die grösste Freiheit angeboten haben, wir volles Vertrauen in sie haben und andererseits schlichtweg das beste Bauchgefühl dabei hatten.

Schahab Hosseiny: Es ging also um Sympathien?

Hendrik Sander: Einerseits das, zudem ist der Prozess sehr glatt und schnell abgelaufen.

Schahab Hosseiny: Inwieweit war die lokale Nähe zu Osnabrück und deiner Heimat, dem Oldenburger Land ein Faktor bei dieser Entscheidung?

Hendrik Sander: Es war von Vorteil, dass ich in dieser Region schon bekannt war und dadurch ist //CRASH auch schnell auf NeoTaste aufmerksam geworden.

“Ich halte es nicht für selbstverständlich, so ein Unternehmen in Osnabrück aufzubauen – das ist Fluch und Segen zugleich.”

VCs finden uns hier schwerer, gleichzeitig ist das Team auf viele verschiedene Städte verteilt und inzwischen ist es bei jungen Digitalunternehmen eigentlich egal, wo das Headquarter angesiedelt ist. Als eines der wenigen Start-ups in dieser Region erhalten wir hier natürlich auch mehr Aufmerksamkeit.

Schahab Hosseiny: Kannst du etwas zu eurer Journey zu und mit //CRASH erzählen? Sind die auf euch zugekommen oder hast du dich da mit deinem Pitch vorgestellt? Und wie viel Geld habt ihr eingesammelt?

Hendrik Sander: Tatsächlich ist //CRASH auf uns zugekommen, weil wir hier in der Region gute Presse bekommen und Aufsehen erregt haben.

Schahab Hosseiny: War die Pressearbeit also notwendig, um eine gewisse Aufmerksamkeit bei potenziellen Investor:innen zu erregen?

Hendrik Sander: Ja, das war ein Faktor. Wenn man gute Sachen macht, ist es meiner Meinung nach immer sinnvoll, auch darüber zu sprechen. Dann setzen sich mehr Menschen damit auseinander, dementsprechend hat das sicherlich geholfen.

Schahab Hosseiny: Habt ihr das eigenständig umgesetzt oder habt ihr eine PR-Agentur eingeschaltet?

Hendrik Sander: //CRASH ist primär über Zeitungsberichte auf uns gestossen, die jeweils von den Zeitungen initiiert wurden.

Schahab Hosseiny: War das die NOZ (Neue Osnabrücker Zeitung)?

Hendrik Sander: Ja, da sind wir aufgetaucht, aber auch in der NWZ (Nordwest-Zeitung).

Schahab Hosseiny: Und wie ging es dann weiter? Wie viel Geld habt ihr eingesammelt?

Hendrik Sander: Wir haben einen niedrigen siebenstelligen Betrag erhalten, die genaue Summe kommunizieren wir aber nicht.

Schahab Hosseiny: Und in welche Segmente werdet ihr das Geld laut eurem Business-Plan investieren? Eben hast du gesagt, dass euer Geschäftsmodell im Onboarding aktuell noch sehr personalintensiv ist. Fliesst der Grossteil des Geldes also in Personalkosten?

Hendrik Sander: Ja, definitiv.

“Aktuell expandieren wir in weitere Städte, stecken viel Geld in Marketing und haben ausserdem das Produkt weiterentwickelt.”

Mit den aktuellen Updates sind wir auf einem guten Stand, um das Produkt weiter skalieren zu können.

Schahab Hosseiny: Wie wichtig war das Thema Sales? Viele Entrepreneure behandeln dieses Thema etwas stiefmütterlich, ihr dagegen seid sehr sales-driven. Welche Rolle spielt das für euren Erfolg?

Hendrik Sander: Ein gutes Sales-Team halte ich für essenziell, nach vorn präsentieren wir das Thema Sales aber gar nicht so sehr. Unsere Leute vor Ort in den Städten nennen wir Partner-Manager, weil wir primär eine partnerschaftliche Ebene mit den Gastronom:innen aufbauen möchten. Viele unserer Partner:innen kommen gar nicht aus den klassischen Sales, sondern teilweise aus dem Online-Marketing. Die müssen sich hauptsächlich glaubwürdig verkaufen können, denn unser Sales-Team zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht so aufdringlich unterwegs ist, sondern gute Partnerschaften aufbaut.

Schahab Hosseiny: Wann gibt es die nächste Finanzierung? Ihr habt vermutlich eine recht hohe Cash-Burn Rate, weil ihr so intensiv expandiert. Steht dementsprechend bald eine zweite Finanzierungsrunde an?

Hendrik Sander: Ja, die planen wir sogar noch für dieses Jahr. Den genauen Zeitpunkt müssen wir noch festlegen, wir haben allerdings schon erste Gespräche geführt. Jedenfalls sehen wir, dass das Produkt funktioniert; inzwischen sind wir in sechs (Anmerkung der Redaktion: inzwischen sieben) Städten aktiv, eine siebte und achte Stadt werden demnächst hinzukommen. Und deswegen gibt es gar keinen Grund für uns, mit der Expansion zu warten und dafür benötigen wir nun einmal Kapital.

Das Geschäftsmodell von NeoTaste und wie man expandiert

Schahab Hosseiny: Absolut. Wie funktioniert die Monetarisierung in eurem Geschäftsmodell? Müssen die Nutzer:innen ein Abo bei euch abschliessen?

Hendrik Sander: Stimmt, darüber haben wir noch gar nicht gesprochen. Beispielsweise in Osnabrück können die Nutzer:innen bei über 80 Restaurants spezielle Angebote einlösen und so diese Restaurants kennenlernen. Wie gesagt werden die Nutzer:innen meist dazu angeregt, noch eine weitere Person mitzubringen, um zwei Gerichte zum Preis von einem zu bekommen und einen Vorteil von 10 bis 20 Euro zu erhalten. Dafür zahlen die Nutzer:innen 3,99 Euro im Monat bei einer einmonatigen Kündigungsfrist oder 2,99 Euro im Monat für einen jährlichen Vertrag. Das ist und bleibt unsere grösste Einnahmequelle. 

Wir merken allerdings auch, dass die richtige Platzierung für die Gastronom:innen einen grossen Wert hat – die sind durchaus daran interessiert, in der Liste ganz oben oder hervorgehoben, über eine Push Notification, E-Mail-Newsletter oder auf unserem Instagram-Account mit seinen mehr als 10.000 Follower aufzutauchen. Das sind Möglichkeiten, die wir bisher noch gar nicht ausnutzen. Wir sehen zusätzlich grosses Potenzial im Kontext der Digitalisierung von Interaktionen zwischen Nutzer:innen und Gastronomie – etwa die Digitalisierung von Speisekarten.

Schahab Hosseiny: Zusammengefasst konzentriert sich euer Revenue Stream auf die Nutzer:innen, ihr habt in der App aber auch Advertising-Möglichkeiten, mit denen sich die Gastronom:innen besser positionieren können. Sprechen wir über das App-Ökosystem; was sind bisher deine Learnings? Wie habt ihr es geschafft, eure App so erfolgreich zu machen?

Hendrik Sander: Für mich sind zwei Faktoren für den Erfolg einer App ausschlaggebend.

  1. Erstens sollte man niemals am Produkt sparen. Das Marketing kann noch so gut sein, aber bei einem schlechten Produkt springen die Nutzer:innen sofort wieder ab.
  2. Der zweite Faktor besteht darin, dass man einen guten Weg finden muss, um mit smarten Marketing-Aktionen an die Leute heranzukommen. Deswegen sind unsere Launch-Events unglaublich wichtig für uns.

Diese beiden Faktoren muss man kombinieren, um erfolgreich zu sein.

Schahab Hosseiny: Sprichst du aus Erfahrung? War euer Produkt irgendwann nicht so gut?

Hendrik Sander: Nein, aber ich sehe es bei anderen. Ich habe mir viele verschiedene Konzepte angeschaut und es gibt Konzepte, die durchaus gut in der Execution sind. Aber wenn das Produkt nicht gut ist, funktioniert das Geschäftsmodell schlussendlich nicht. Deswegen legen wir grossen Wert auf die Qualität, mein Mitgründer ist auch gelernter Interaction Designer.

Schahab Hosseiny: Erzähl bitte etwas mehr über die Launch-Events. Wie kann man sich die konkret vorstellen?

Hendrik Sander: Mittlerweile führen wir unterschiedliche Konzepte durch. In den ersten Städten haben wir 500-mal NeoTaste umsonst rausgegeben, das hat am Anfang einwandfrei funktioniert. Das haben wir über Instagram gemacht, wo wir ein kleines Bild mit der Verkündigung gepostet haben, dass wir jetzt in einer weiteren Stadt verfügbar sind. Und alle, die dieses Bild in ihren Stories geteilt haben, haben NeoTaste ein Jahr lang umsonst nutzen können. Das ist dann schnell viral gegangen und dadurch haben wir uns eine Nutzer:innenbasis aufbauen können. 

Wie vorhin erwähnt ist Word of Mouth der nächste grosse Faktor, durch den wir Nutzer:innen für uns gewinnen. Man muss eine gute Kombination aus smartem Marketing und Modellen finden, die zu Word of Mouth führen. Das schliesst auch an die Frage an, was uns überhaupt von Groupon unterscheidet. Da muss man die Details betrachten, weil man mit denen noch viel rausholen kann.

Schahab Hosseiny: Hendrik, ihr seid schon in sechs (Anmerkung der Redaktion: inzwischen sieben) Städten aktiv. Wie identifiziert ihr jeweils die nächste Stadt, die ihr in euer Angebot aufnehmt?

Hendrik Sander: Bei den ersten zwei Städten, Hannover und Osnabrück, sind wir sehr opportunistisch vorgegangen.

“In Deutschland gibt es 80 Städte mit mehr als 100.000 Einwohner:innen und langfristig möchten wir in allen diesen Städten verfügbar sein.”

Hannover hat etwa 500.000 Einwohner:innen und wir haben dort mit dem Hintergedanken angefangen, dass wir eine gute Ausgangslage haben, wenn wir es in dieser mittelgrossen Stadt schaffen. Unser Modell sieht so aus, dass wir in jeder Stadt 50 bis 60 Gastronom:innen für uns gewinnen wollen, damit unser Produkt für die Nutzer:innen überhaupt attraktiv ist. Nachdem wir in Hannover etabliert waren, hätten wir in einer grösseren Stadt weitermachen und uns dort schnell eine grosse Nutzer:innenbasis aufbauen können. Wir wollten allerdings erst in eine kleinere Stadt gehen und das Problem lösen, mit dem wir später ohnehin konfrontiert gewesen wären; genügend Gastronom:innen finden. 

Deswegen sind wir als Nächstes nach Osnabrück gegangen, hier leben etwa 180.000 Menschen und hier hatten wir natürlich etwas lokale Unterstützung. Es gab nur 250 Gastronomien, die wir gerne auf unserer Plattform gesehen hätten, denn bei NeoTaste wollen wir auch für Qualität stehen. Von diesen 250 wollten wir mindestens 50 überzeugen, mittlerweile sind es sogar 80. Das haben wir unter anderem geschafft, indem wir das Produkt etwas angepasst haben – etwa mit der Option, bestimmte Zeiten von den Gutscheinen auszuschliessen.

Als Nächstes haben wir nach Oldenburg expandiert – die drittgrösste Stadt in Niedersachsen – und im nächsten Schritt wollten wir uns eine deutlich grössere Stadt vornehmen. Schliesslich haben wir uns dazu entschieden, das Ruhrgebiet als eine grosse Stadt zu betrachten, was aktuell hervorragend funktioniert. Die Mitglieder von NeoTaste können nämlich nicht nur die Angebote in ihrer Stadt, sondern auch in allen anderen Städten nutzen. Dementsprechend kamen als nächstes Bochum, Düsseldorf und Essen dazu. Und dort sehen wir Synergieeffekte; die Essener etwa können Angebote bei 90 Restaurants in Essen wahrnehmen und 15 Minuten weiter in Bochum gibt es noch einmal 80 Restaurants, die sie ausprobieren können.

Schahab Hosseiny: Du sprichst da einen spannenden Punkt an. Ihr seid noch nicht flächendeckend aktiv, das ist aber sicherlich ein Ziel auf eurer Roadmap. Könnt ihr schon heute anhand der Customer Journeys nachvollziehen, ob eure Nutzer:innen tatsächlich Restaurants in verschiedenen Städten besuchen und diese Synergieeffekte erzeugen?

Hendrik Sander: Ja, wir können sehen, welche Nutzer:innen wo bereits Angebote eingelöst haben und gerade in Bochum, Essen und Düsseldorf sehen wir diese Synergieeffekte. In Niedersachsen passiert das weniger, die Städte liegen im Ruhrgebiet aber auch näher beieinander.

Schahab Hosseiny: Mich würde noch interessieren, wie ihr eure Marketing-Aktivitäten steuert. Ich habe herausgehört, dass ihr noch nicht so stark im Marketing seid, aber dennoch lokal einen starken Scope habt. Adressiert ihr je nach Stadt unterschiedliche Marketing-Channels? Oder nutzt ihr für alles eure grossen Channels auf Instagram und TikTok und unterstützt dort die Städte, auf denen aktuell euer Fokus liegt?

Hendrik Sander: Ich würde tatsächlich sagen, dass wir im Marketing einigermassen gut unterwegs sind. Wir machen noch nicht so viel, aber was wir machen, machen wir gut. Dabei versuchen wir durchaus, lokale Akzente zu setzen.

“Wir haben diesen einen grossen Instagram-Account, über den wir trotzdem lokal ausspielen und in den jeweiligen Städte unterschiedliche Werbungen schalten können.”

Die allgemeinen Posts auf diesem Account können sich dann natürlich nicht auf die jeweiligen Städte beziehen. Tatsächlich denken wir aktuell darüber nach, ob wir das bei TikTok ändern und städtespezifische Accounts erstellen. Dafür gibt es schon ziemlich gute Beispiele.

Schahab Hosseiny: Kannst du etwas zu den Customer Acquisition Costs sagen, gegebenenfalls ohne einen genauen Wert zu nennen?

Hendrik Sander: Genau, präzise Zahlen kann ich nicht nennen, aber in diesem Bereich sind wir auch gut unterwegs. Wie gesagt beruht unser Modell auf einem monatlichen Abo und wir haben einen ziemlich guten Return on Ad Spend, den ich nicht genauer benennen kann. In diesem ersten Jahr sind wir mit unseren Zahlen hinsichtlich der Nutzer:innen allerdings in einem positiven Bereich.

Wer mischt eigentlich mit bei NeoTaste? Partner:innen, Konkurrent:innen, Mitarbeiter:innen 

Schahab Hosseiny: Wie wichtig sind Partner:innen für euch? Habt ihr eine Partner-Roadmap, mit wem arbeitet ihr heute schon zusammen und mit wem möchtet ihr gegebenenfalls in der Zukunft zusammenarbeiten?

Hendrik Sander: Wir suchen uns immer Partner:innen für unsere Marketing-Massnahmen vor Ort in den Städten, das gilt insbesondere für unsere Launch-Events. Dementsprechend sind in den jeweiligen Städten unterschiedliche Partner:innen dabei. Wir versuchen immer im Vorhinein zu identifizieren, welche Partner:innen zu uns passen könnten. In Oldenburg haben wir beispielsweise mit einer grossen Gewinnspielseite zusammengearbeitet, in Essen haben wir mit der grössten lokalen Meme-Seite kollaboriert – beides hat ausgezeichnet funktioniert. 

Dementsprechend sind Partnerschaften für uns ungemein wichtig für das Gewinnen neuer Nutzer:innen, aber auch im Kontext der Akquise von Gastronom:innen.

“Mit den richtigen Partner:innen und durch die richtigen Kooperationen kann man in den jeweiligen Städten extrem schnell Vertrauen aufbauen.”

Das ist für uns besonders wichtig, weil die meisten Menschen in Deutschland Neuem tendenziell nicht vertrauen.

Schahab Hosseiny: Es gibt bereits viele Gutscheinbücher, hier in der Region ist das beispielsweise BAROMETER. Hältst du es für eine legitime Idee, einfach eines dieser unterdigitalisierten Gutscheinbücher zu erwerben und über diese Kontakte – die teilweise schon seit Jahrzehnten bestehen – NeoTaste noch weiter zu beschleunigen?

Hendrik Sander: Eher nein. Es sind tatsächlich einige dieser Anbieter:innen auf uns zugekommen und wir haben auch mit grösseren Playern in diesem Markt gesprochen. Die klassischen Gutscheinbücher gibt es schon seit über 20 Jahren und mir ist immer wieder aufgefallen, dass diese Unternehmen immer noch im selben Stil unterwegs sind. Bei mir ist das Gefühl entstanden, dass viele einfach ihr bisheriges Gutscheinbuch in eine App transferieren möchten.

Ich habe anfangs bereits gesagt, dass unser Geschäftsmodell so aussieht, dass wir aktuell diese speziellen Angebote bei den Restaurants haben, dass wir langfristig aber eine grosse Plattform um diese Angebote herum bauen möchten, in der unser bisheriges Modell ein Teil von vielen ist. Und das scheinen viele dieser Player noch nicht verstanden zu haben. Wir merken ausserdem, dass wir mit unserem Ansatz deutlich mehr Partner:innen für uns gewinnen können als die klassischen Gutscheinbücher.

Schahab Hosseiny: Man muss allerdings bemerken, dass die klassischen Gutscheinbücher eine deutlich höhere Preisspanne haben. Warum seid ihr im Vergleich dazu so günstig?

Hendrik Sander: Das ist eine gute Frage. Man muss anfangs erst einmal relevante Marktanteile gewinnen. Wie erwähnt versuchen wir immer, schnell eine initiale Nutzer:innenbasis aufzubauen. Dadurch können wir schneller wachsen, weil die Leute dann über uns sprechen. Deswegen ist es für jede Plattform sinnvoll, die ersten Nutzer:innen für wenig Geld an Bord zu holen. Wir haben dennoch einige Möglichkeiten, mit denen wir die Monetarisierung auf Seite der Nutzer:innen erhöhen können.

Schahab Hosseiny: Lass uns über eure Wettbewerber:innen sprechen. Mit wem steht ihr in Deutschland im Wettbewerb – unabhängig von den Offline-Gutscheinbüchern, die offenbar keinen echten Wettbewerb für euch darstellen?

Hendrik Sander: Ich würde die Offline-Gutscheinbücher durchaus als Wettbewerb betrachten, weil sie am nächsten an unserem Modell dran sind. Alle anderen Modelle in der Online-Welt monetarisieren die Gastronom:innen, was einen grossen Unterschied zu uns darstellt, oder haben ganz andere Geschäftsmodelle. Deswegen habe ich vorhin schon darauf hingewiesen, dass man sich die Details genau anschauen muss. Allein dadurch, dass die Gastronom:innen bei uns ihre Stosszeiten aus den Angeboten ausschliessen können, haben wir Zugriff auf ganz andere Gastronom:innen und Nutzer:innen. Wegen Details wie diesem sehe ich im digitalen Bereich niemanden, die oder der tatsächlich eine starke Konkurrenz für uns darstellt.

Schahab Hosseiny: Das ist eine komfortable Position. Lass uns noch etwas über die Learnings sprechen. Wie alt ist NeoTaste jetzt genau?

Hendrik Sander: Gegründet haben wir das Unternehmen im April 2019.

Schahab Hosseiny: Was ist seitdem rückblickend betrachtet richtig gut oder auch nicht so gut gelaufen?

Hendrik Sander: Seit unserem Launch im September 2021 ist fast alles richtig gut gelaufen; die Launches in den Städten, die Launch Events, die Expansion generell. Jedes Software-Unternehmen wäre wahrscheinlich gerne noch schneller in der Produktentwicklung, weil immer wieder Bugs auftauchen und sich Features immer wieder verschieben – das hätten wir alles schneller hinbekommen können. 

Zudem war Corona natürlich ein grosses Thema für uns.

“Wir waren bereits im Februar 2020 zum Launch bereit, haben das dann auch in der ersten Stadt gemacht, hatten nach einem Monat bereits 1.000 Nutzer:innen auf unserer Plattform und haben uns richtig gefreut. Zwei Wochen später haben alle Restaurants geschlossen.”

Das hätte ohne Corona sicherlich anders laufen können, aber wir haben das Beste daraus gemacht.

Schahab Hosseiny: Im Zusammenhang mit der Software-Entwicklung hast du eben das Thema Speed angesprochen. Habt ihr zu spät Geld eingesammelt oder war der Zeitpunkt eigentlich recht gut?

Hendrik Sander: Wir haben schon vorher mit Investor:innen und VCs gesprochen, aber die Angebote waren nicht zufriedenstellend. Das war zu dem Zeitpunkt vollkommen verständlich, weil wir noch keine Zahlen vorweisen konnten. Hätten wir da zugeschlagen, hätten wir uns unter Wert verkauft. Aber inzwischen haben wir ein gutes Angebot bekommen und angenommen. Man muss dabei verstehen, dass man nicht mit einer niedrigen

Bewertung anfangen kann, wenn man grosse Träume hat. Dementsprechend haben wir den bestmöglichen Zeitpunkt gewählt – vorher hätten wir auch nicht expandieren können, weil die Restaurants noch gar nicht öffnen durften.

Schahab Hosseiny: Absolut. Du bist heute nicht allein angereist, denn inzwischen hast du eine ordentliche Mannschaft aufgebaut. Du hast schon gesagt, dass ihr euren Sitz in Osnabrück habt, gleichzeitig aber dezentral aufgestellt seid. Kannst du etwas von der Grösse eures Teams erzählen?

Hendrik Sander: Mittlerweile besteht unser Team aus knapp 30 Personen, Anfang 2022 waren es noch zehn. 40 Prozent davon sind Partner-Manager:innen in den jeweiligen Städten, 30 Prozent sitzen im Backoffice und noch einmal 30 Prozent arbeiten in der Entwicklung. Nur zwölf von uns sitzen in Osnabrück, die anderen sind über Deutschland verteilt und sitzen teilweise im Ausland. Wir haben sehr viele Bewerbungen bekommen, waren wählerisch bei der Auswahl und sind jetzt höchst zufrieden mit unserem Team.

Der Standort Osnabrück ist wie erwähnt Vor- und Nachteil zugleich. Wenn wir in Osnabrück eine Ausschreibung für Werkstudent:innen veröffentlichen, haben wir so ein gutes Standing, dass wir uns die Leute aussuchen können. Aber wenn wir wirklich gute Leute von anderswo nach Osnabrück holen wollen, müssen wir schon einiges bieten.

Schahab Hosseiny: Wie sieht eure Organisationsstruktur aus, nachdem ihr inzwischen euer Team verdreifacht habt? Häufig werden durch Wachstum viele Veränderungsprozesse aktiviert, die auch mit Schmerzen verbunden sind. Was hat sich verändert und wie ist die Mentalität bei euch?

Hendrik Sander: Die grösste Veränderung besteht bei uns darin, dass die Teams untereinander selbstständiger geworden sind. Bisweilen spreche ich mit den Teams für ein oder zwei Wochen nicht und übertrage der Teamleitung die alleinige Verantwortung. Manchmal frage ich mich, ob ich überhaupt noch den Überblick habe, aber das ist wahrscheinlich ganz normal und ich habe volles Vertrauen in die Team-Leads.

Hinsichtlich der Struktur haben wir uns weiter professionalisiert; wir verteilen effektive Meetings über die Woche hinweg und halten uns über die verschiedenen Bereich auf dem Laufenden. Das muss man als schnell wachsendes Start-up auch erst lernen, damit sind wir aber sehr zufrieden.

Schahab Hosseiny: Welches ist eigentlich eure erfolgreichste Stadt? Ist das tatsächlich Osnabrück aufgrund der lokalen Unterstützung oder eine der grösseren Städte?

Hendrik Sander:

“Hinsichtlich der Zahl der Nutzer:innen ist Oldenburg die stärkste Stadt.”

Uns hat sicherlich in die Hände gespielt, dass wir in der Gegend bereits bekannt waren – danach hat es sich aber schlichtweg hervorragend entwickelt. Mit dem Launch Event konnten wir schon einige Tausend Nutzer:innen für unsere Plattform gewinnen, zudem war Oldenburg eine der ersten Städte in unserem Portfolio und hatte dementsprechend viel Zeit, um sich zu entwickeln. In den letzten Monaten haben wir beobachtet, dass unsere ohnehin schon starke Basis dort prozentual gut gewachsen ist, dementsprechend ist Oldenburg aktuell unser stärkster Standort.

Schahab Hosseiny: Lass uns bei den Städten bleiben und in die internationale Sparte einsteigen. Gutscheinbücher sind nicht nur in Deutschland sehr beliebt, sondern auch in anderen Ländern. Habt ihr ein internationales Vorbild?

Hendrik Sander: In Bezug auf Gutscheine gibt es beispielsweise tastecard in Grossbritannien mit etwa 3 Millionen Mitgliedern, die pro Jahr etwa 50 Euro bezahlen. Die sind relativ gut unterwegs.

Schahab Hosseiny: Wow, die verlangen also mehr als das Zehnfache im Vergleich zu euch.

Hendrik Sander: Genau. Die sind sehr erfolgreich, allerdings sind die auch schon seit etwa 15 Jahren dabei. Wenn ich mir deren Produkt anschaue, würde es meinen oder unseren Qualitätsanforderungen allerdings nicht genügen. Wie gesagt ist der Gutschein eine Komponente unseres Portfolios, wir möchten unser Angebot aber auf eine Plattform ausweiten, auf der man sich über lokale Businesses informieren kann. Dabei soll Gastronomie nur eine von vielen Sparten sein. 

Ausserdem möchten wir unseren Nutzer:innen eine gute Experience und gute Informationen bieten, auch in Bezug auf Reviews. Das bedeutet, dass die Nutzer:innen die Angebote bewerten, die sie bei uns eingelöst haben – dadurch haben wir inzwischen 15.000 verifizierte Reviews auf unserer Plattform generieren können.

“Einige Restaurants haben nach inzwischen sechs Monaten auf NeoTaste sogar mehr Bewertungen als auf Google.”

Deswegen gehen wir davon aus, dass wir unser Produkt auch in diese Richtung weiterentwickeln können.

Wenn man diese beiden Bereiche trennt, würde ich tastecard durchaus als Vorbild darin sehen, wie man Nutzer:innen akquirieren und welche Angebote man veröffentlicht, um damit die Nutzer:innen zu monetarisieren. Auf der anderen Seite sehe ich Google als Vorbild hinsichtlich einer Plattform, die alle Informationen bündelt, die für Nutzer:innen relevant sein könnten – um sich beispielsweise über ein Restaurant informieren zu können. Das gilt natürlich auch hinsichtlich relevanter Informationen wie Reviews und der Darstellungsweise. Da ist noch viel Luft nach oben, weil wir uns als grosse Plattform und nicht als digitalisiertes Gutscheinbuch verstehen.

Schahab Hosseiny: Im Bereich Reviews ist Yelp sicherlich auch spannend für euch. Du hast eben angesprochen, dass ihr auch andere Sparten einbeziehen möchtet. Welche wären das denn neben der Gastronomie? NeoTaste impliziert schliesslich eine kulinarische Ausrichtung.

Hendrik Sander: NeoTaste soll Menschen auf einen neuen Geschmack bringen – daher der Name. Mit dem Auslaufen der Pandemie haben wir beschlossen, uns vorerst auf die Gastronomie zu konzentrieren, weil das gut funktioniert hat. Gleichzeitig war uns bewusst, dass etwa die Nachtclubs sich gerne bei uns präsentieren würden, seit das Nachleben wieder an Fahrt aufgenommen hat. Deswegen werden in nicht allzu langer Zeit Bereiche wie Nightlife und Freizeit ihren Platz auf NeoTaste finden.

Schahab Hosseiny: Ein bisschen NeoDance also. Hendrik, vielen Dank für deine Zeit und das spannende Gespräch. Abschliessend möchte ich dich noch fragen, was eure Vision ist. Was willst du in fünf Jahren mit NeoTaste erreicht haben?

Hendrik Sander: Wenn in fünf Jahren Leute unter der Woche oder am Wochenende auf der Couch hängen und gerne etwas Neues ausprobieren würden, sollten sie sofort an NeoTaste denken, auf die Plattform gehen und dort auf einen neuen Geschmack kommen.

Schahab Hosseiny: Sehr gut, danke Hendrik und weiterhin alles Gute.

Hendrik Sander: Vielen Dank.